Schnitt im BLOG

Nachdem ich diesen Zugang jahrelang für meinen Verein, DIE KEAS, freigehalten habe, habe ich mich nun entschieden das Teil wieder selbst zu nutzen.

Der letzte KEA-Eintrag ist jetzt vier Jahre alt. Ich glaube, die brauchen das hier nicht mehr.

Die alten Beiträge lasse ich erstmal stehen, da es vielleicht Links dazu gibt, aber jetzt wird alles anders.

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„… ist politisch beabsichtigt.“

„Unlesbare Bescheide, mieser Service: Die dauerhaft schlechte Arbeit der Berliner Jobcenter erlaubt nur einen Schluss: Die Behandlung, die Arbeitslose zu Bittstellern herabwürdigt, ist politisch beabsichtigt.“

Thomas Rogalla – BZ 14.01.2014

Quelle:

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/kommentar-zu-jobcenter-klagen-verhoehnung-der-betroffenen,10809148,25885034.html

LobbyPlag – Ein interessanter Blog zur politischen Bildung

Noch rechtzeitig vor den Tagungen in Brüssel zur Verschlimmbesserung des Datenschutzes im Internet wurde von engagierten Einzelpersonen ein interessanter Blog freigeschaltet, der uns schlicht und einfach erklärt, welche Mechanismen Europa und die Welt regieren. Demokratie gemäß des Artikel 20 Grundgesetz – „Alle Macht geht vom Volke aus.“? Vergesst es.

Eine vertiefende Beschäftigung mit den Begriffen ‚Lobbyismus‘ (http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus) und ‚Korporatismus‘ (http://de.wikipedia.org/wiki/Korporatismus) kann dabei nicht schaden.

Hier wird das Anliegen und der inhaltliche Anspruch des Blogs erklärt, den ich an dieser Stelle gerne bewerben möchte:

Brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt? Und wenn ja, wer?

Soziale Politik in NRW? Brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich eine Veranstaltung des kath. Bildungswerks Köln und des Caritasverbands der Stadt Köln am 21.11.2012 im Kölner Dom-Forum. Ein KEA war dabei und … interpretiert.

von Reiner Willms

Teilnehmer: Alle etablierten Parteien, das eingeladene Mitglied der Piratenpartei hatte abgesagt. Natürlich wurde, wie immer bei derlei Veranstaltungen, auch nicht ein unmittelbar Betroffener zu dieser Veranstaltung als teilnehmender Diskutant geladen.

Worum ging es in dieser Diskussion? In einer kurzen Zusammenfassung wurde der im NRW-Landtag vorliegende Gesetzentwurf von einem in der Hierarchie der Caritas angesiedeltem Mitarbeiter eine kurze Zusammenfassung und Erläuterung aus Sicht der Caritas zu dem geplanten Gesetz vorgetragen. Es handele sich um ein Programm, in dem vornehmlich „freiwillige“ Langzeitarbeitslose in einen noch zu schaffenden sozialen Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Dabei wurde erläutert, dass die gesetzgebenden Organe auch eine Erweiterung der bisherigen arbeitspolitischen Maßnahmen auch in den bisher durch das  Zusätzlichkeitsgebot  verschlossenen gewerblichen Bereich vorgesehen haben. Die weitergehenden, teilweise einschneidenden mit diesem Gesetzentwurf einhergehenden Paradigmen wurden allerdings dabei unter den Tisch gekehrt, doch dazu später.

Unerträglich. Es begann eine, für einen betroffenen Zuhörer, nahezu unerträgliche Diskussion. Es wurde über die Betroffenen gesprochen, als wenn es sich um lauter behinderte Erwerbslose handeln würde. Dazu wurde teilweise sehr scheinheilig, wohl auch dem nahenden Wahlkampf geschuldet, ausgerechnet von den an der damaligen Gesetzgebung der Hartz-Gesetze beteiligten Parteien, der Ausspruch getätigt, dass man zwar an der damaligen Gesetzgebung beteiligt gewesen, jedoch nicht stolz darauf sei … Dazu verfingen sich die Diskutanten noch in ihrer eigenen von ihnen gesteuerten Negativ-Kampagne und sprachen in Beispielen von den Obdachlosen in der Stadt Köln und blendeten dabei aus, dass diese nur einen geringen Prozentsatz in der Statistik der Erwerbslosen ausmachen.  Ferner konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, Politiker seien weit entfernt von jeglichem Bezug zur tatsächlichen Realität des Arbeitsmarktes. Hier fiel vor allem die völlig absurde Darstellung eines langzeiterwerbslosen Bäckers auf, der mit einem Zuschuss von 75% zum Lohn wieder in den Arbeitsprozess in einer Bäckerei  eingegliedert werden sollte. Abgesehen davon, dass dieses Beispiel völlig ungeeignet ist, weil die Problematik speziell im Backgewerbe völlig anderer Art  ist, wurde dem Erwerbslosen unterstellt, er müsse erst wieder an den Arbeitsprozess gewöhnt werden.

Sozial behindert? Vielleicht unbeabsichtigt, jedoch vom aufmerksamen Zuhörer sofort bemerkt, wurde dann von einem Diskutanten an die unrühmliche Gesetzgebung in den Niederlanden erinnert. Nun sprach man von psychologischen Gutachten, Leistungsbewertungen und Nachweisen sowie insgesamt von der sogenannten Leistungsminderung der betroffenen Erwerbslosen. Die einzige in der Diskussionsrunde positiv herausragende Politikerin – muss man sagen, wie es ist -, Dr. Carolin Butterwegge (Linke), sprach sich entschieden gegen die damit einhergehende weitere Stigmatisierung der Erwerbslosen aus.

Fazit der Veranstaltung: Ein sozialer Arbeitsmarkt in dieser Form geht völlig an der Problematik vorbei und wird nur wieder Mitnahmeeffekte interessierter Arbeitgeber auslösen. Dieses wieder einmal mit heißer Nadel gestrickte Machwerk wird an der eigentlichen Situation bzw. dem Problem nichts ändern, sondern im Gegenteil wieder einmal mehr Steuergelder verbrennen und in den Taschen gieriger sogenannter Maßnahmeträger und Unternehmen verschwinden, ohne einen nennenswerten Effekt auf dem Arbeitsmarkt auszulösen. Die eigentliche Ursache, dass die heutige Arbeitswelt nicht mehr genügend Arbeitsplätze für alle schaffen kann, wurde wieder einmal unter den Teppich gekehrt.

Es wäre also an der Zeit, den Begriff einer solidarischen Gesellschaft – an Stelle eines ’sozialen Arbeitsmarktes‘ – neu zu diskutieren. Statt dessen geht es immer wieder um eine Art Besitzstandswahrung, dass alles so bleibt, wie es ist, nur eben ein wenig – Achtung, jetzt kommt es: – evaluiert. 

Die Institutionen Caritas, Diakonie und andere beschäftigen sich mit „den Armen“ und „die Armen“ wiederum mit sich selbst. Und die Reichen, die Vermögenden? Die beschäftigen sich damit, dass alles hübsch so bleibt, wie’s ist.

Reiner Willms

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Der Hartz-IV-Strafvollzug

 

Die Verschärfung der Sozialhaft heißt Sanktion

von Ulrich Gellermann, www.Rationalgalerie.de

Was hat er verbrochen, der Mensch, dem man kein Kino gewährt, keine Kneipe, keine Urlaubsfahrt? Der Hartz-Vier-Häftling, der bei 374 Euro monatlich zwar nicht bei Wasser und Brot in seinem Zimmer einsitzt aber auf die Schnäppchen-Jagd zwischen Aldi und Penny verpflichtet ist? Er war, er ist nicht marktgerecht. Man kann ihn gerade nicht brauchen. Nicht als Verkäuferin bei Schlecker. Nicht als Angestellten bei Vattenfall. Nicht bei Nokia-Siemens, nicht beim Heidelberger Druckmaschinen-Unternehmen und auch bald nicht mehr bei Opel. Und weil der Markt, der Gott der Zinsen und der Börsen, den Menschen unbrauchbar findet, kommt er in den Hartz-Sozial-Knast. Sicher, er hat immer wieder Frei-Gang. Das ist wörtlich zu nehmen: Er geht zu Fuß, Geld für eine Bus- oder U-Bahnfahrt hat er zumeist nicht. Aber immerhin, wenn er auf dem Frei-Gang genug Mülltonnen findet, aus denen er Pfandflaschen angeln kann, reicht es vielleicht mal wieder für ein Bier im Stehen.

Das Wachpersonal in den Job-Centern, bei den Beschließern der ARGE, den Wächtern der Sozialstaatlichkeit, kennt seine Dienst-Vorgaben: Wie, der Kerl hat in den letzten Monaten nicht seine Quote an Bewerbungen erfüllt? Zwar wissen beide, der Inhaftierte und der Wärter, dass die Bewerbungen in ein düsteres Blau geschrieben werden, dass sie mehrheitlich in eine Arbeitsplatzleere treffen, gleich was die Statistiken verklären und die Zeitungen verwursten, aber: Vorschrift ist Vorschrift. Auch wenn man dem Insassen zum wiederholten Mal einen Kurs für eine vollends überflüssige und sinnlose Qualifizierung verordnete und er geht mal nicht hin: Das führt zur Strafverschärfung. Denn auch das Personal kann bestraft werden, es hat nicht selten Zeitverträge und wer nicht pariert, der kann morgen schon auf der anderen Seite stehen, mit den Inhaftierten im Wettbewerb um die meisten Pfandflaschen.

Da jault sie auf, die Öffentlichkeit, die Freiheit total gut findet, auch wenn es die von Arbeit ist. Da schäumen sie, die gut bezahlten Redakteure in Zeitung und Anstalt, die ahnen: Auch sie könnten bei Hartz IV einsitzen wenn sie denn nicht parieren. Da empört sich der noch angestellte Bürger: Wie, auf meine Kosten macht sich der Sozialschmarotzer einen schönen Lenz? Nimmt einen Termin auf dem Amt nicht wahr, nur weil er weiß, da kommt kein Job bei raus? Hat eine Maßnahme nicht eingehalten, nur weil er zwischendurch krank war? Hat einen Ein-Euro-Job abgelehnt weil er ihn für völlig sinnlos hielt? Hahh, fast eine Million solcher Sozialbetrüger waren es im letzten Jahr und ich, ich schufte mir den Buckel krumm und der sitzt gemütlich in Einzelhaft, denn wer will schon mit so einem reden, und der frisst nicht nur Brot vom Vortag und Gemüse vom Müll ohne Ende sondern auch noch den Staatshaushalt auf? Na, warte!

Und wirklich, der Sozial-Vollzug reagiert mit „Sanktionen“, das Wort kommt aus dem Lateinischen und heißt Heilung, und die Schmarotzer-Krankheit soll damit geheilt werden. Im Schnitt, so verkündet die Gefängnisdirektion, auch Bundesagentur für Arbeit genannt, musste die knappe Million zusätzlich straffälliger Straftäter – erstfällig als Marktversager, dann fällig als Amtsverweigerer – mit 115,99 Euro pro Monat weniger bestraft werden. Denn wenn ein Langzeittäter, einer, der auf dem Markt schon lange als unnütz angesehen wird, also ein Verbrechen gegen das Kapital verübt hat, wenn er nur noch ein Drittel seiner Vollzugsbeihilfe bekommt, dann wird der sofort mobiler, geht in das Job-Center und bekommt dort zwar keinen Arbeitsplatz, kann aber im Gespräch mit seinem Wärter auf den Weg zu Zucht und Ordnung geführt werden. So findet der Mensch auf Dauer nicht nur Heilung, sondern lernt auch die Heiligkeit des Marktes kennen: Denn sein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Das bisschen täglich Brot, was so ein Inhaftierter braucht, das kann er auch ohne Geld kriegen: Betteln schändet nicht so sehr wie der Missbrauch staatlicher Gelder, die zur Zeit ohnehin dringend für die Hüter des Kapital-Grals gebraucht werden, die Banken.

Die Anständigen verächtlich machen. Ein Prinzip, das Morde, Kriege, Ausbeutung und Diskriminierung ermöglicht.

 

Zehn Tote Naziopfer, und die Gesellschaft steht unter Schock. 182 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 zählt die Amadeu-Antonio-Stiftung, die ausnahmsweise – dem Anlass entsprechend – in den öffentlichen Medien erwähnt werden dürfen.

Tausende Tote in den Kriegseinsätzen mit Beteiligung der Bundeswehr. Geschätzte 25 Prozent ziviler Opfer gehen allein in Afghanistan auf das Konto der NATO-Verbündeten. Schockiert zeigt sich die Gesellschaft vor allem, wenn deutsche Soldaten in hölzernen Särgen mit der deutschen Fahne drapiert zurück gebracht werden oder wenn Plattformen wie Wikileaks die hässliche Fratze des Krieges öffentlich machen. 

Jeder, der es wissen will, weiß, dass Atomstrom mitnichten die sauberste, billigste und sicherste Energiegewinnung ist. Sie ist schmutzig, sie ist teuer und unkalkulierbar gefährlich. Unter Schock stehen wir erst, wenn uns so ein Kraftwerk (Fukushima, Tschernobyl) gehörig um die Ohren fliegt oder wenn uns das Fernsehen Bilder defekter Atomfässer im Lager Asse zum Abendbrot serviert.

Eine solche Liste könnte man beliebig fortsetzen, über Hartz IV bis hin zu den Frauen verachtenden Äußerungen und Handlungen eines Dominik Strauss-Kahn. Dass das Zimmermädchen im amerikanischen Hotel eben nicht schockiert war, als er nackt im Zimmer stand und sie seinen Pimmel sah, fasste er als „Aufforderung zum sexuellen Akt“ auf. „Dümmlich, aber einvernehmlich“, wie er in seinem jüngsten Buch über sich selbst formuliert.

Und was hat Strauss-Kahn mit der ganzen restlichen Kacke zu tun, die auf dieser Welt am dampfen ist? Er macht die Frauen, denen er den Opferstatus nicht zugestehen will, verächtlich. Das ist bezeichnend für Macht und diese Verächtlichmachung gleicht dem Umgang der Politik mit engagierten Antifaschisten, die jahrzehntelang ungehört warnen vor den Gefahren rechter Ideologien und Gewalt und dafür auf die Straßen gehen. Der Bundesverfassungsschutz hätte sich ja ungefragt der Recherchen der Antifa bedienen können. Dazu ist nicht einmal ein Bundestrojaner notwendig. Aber dieser Staat will von all dem nichts hören, verweist auf politisches Unvermögen, ordnungsgemäß vernichtete Akten, und Thomas Oppermann (SPD, MdB), parlamentarischer Chefkontrolleur des Geheimdienstes, meinte in einer ersten Stellungnahme allen Ernstes, dass die Demokratie sich schämen müsse. Wie bitte?

 Die Demokratie als solches kann keine Schuld tragen, zudem sie unterbunden wird, wenn deutsche Soldaten gegen den Willen einer Mehrheit in Kriege ziehen oder wenn der einst beschlossene Atomausstieg gegen den Willen einer Mehrheit einfach ignoriert wird.  

Wir dürfen gespannt sein, wieviel politisches Kalkül der vermeintlichen Ahnungslosigkeit dieses Bundesverfassungsschutzes innewohnt und ob wir es überhaupt erfahren werden. Die Liste derer, die sich schämen müssten, ist lang und betrifft Menschen, die mit einem hochgerüsteten Budget an Geld, Vokabular und realer Repression andere Menschen verächtlich machen. Seien es Kriegsgegner, Antifaschisten, Antiatomaktivisten oder Ausländer, Hartz IV-Betroffene, Arme.

Demokratie ist schwach, wenn nicht eine angemessene Mehrheit dazu befähigt ist, sie zu begreifen und aktiv anzuwenden. Die vermeintlichen Eliten dieser Gesellschaft werden dazu beitragen, dass dieser Zustand so bleibt.

Verschwörungstheorie? Na, selbstverständlich!

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Die evangelische Kirche und die menschenverachtenden Systeme

 In einigen Bundesländern ist der 31. Oktober Feiertag. Die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) feiert den Reformationstag. Ilse Junkermann, Landesbischöfin in Mitteldeutschland, predigt an diesem Tag in 2011 mehr Mut zum Bekenntnis christlicher Werte und mahnt zudem an, keine gemeinsame Sache „mit menschenverachtenden Systemen“ zu machen, selbst wenn diese demokratisch gewählt worden seien.  

Damit lehnt sich Frau Junkermann ziemlich weit aus dem Fenster, denn die Fragen seien erlaubt, was „menschenverachtend“ denn heißt und was in diesem Zusammenhang der Begriff „Systeme“ bedeuten soll. 

Der Kapitalismus als solches kann ihrerseits weder als „menschenverachtend“, noch als „System“ gemeint sein, denn sonst müsste die EKD laut Junkermann die Zusammenarbeit mit Deutschland aufkündigen und auf die finanzielle Förderung durch Steuergelder verzichten. Tut sie aber nicht. 

Hartz IV – sowohl „System“, als auch „menschenverachtend“ – kann es aus selbigem Grund auch nicht sein. Das Diakonische Werk der EKD hat Hartz IV mit ermöglicht und verdient nicht schlecht daran. 

Was oder wen meint Frau Junkermann? Die „Achse des Bösen“?

„Whistleblower-Urteil“ ist rechtskräftig

Das sogenannte „Whistleblower-Urteil“ des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vom 21.07.2011 ist rechtskräftig. Damals klagte sich die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch vergeblich durch alle gerichtlichen Instanzen in Deutschland gegen ihre Kündigung. Die Kündigung erfolgte unter Berufung auf das gestörte Vertrauensverhältnis und Missachtung der Loyalität. Brigitte Heinisch machte Pflegemissstände ihres Arbeitgebers ‚Vivantes‘ öffentlich, nachdem sie zuvor erfolglos die Mängel betriebsintern angeprangert hatte.

Diesen Umstand und das öffentliche Interesse betrachtete der EGMR als höherwertig, berief sich auf die „Freiheit der Meinungsäußerung‘, Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, und verdonnerte Deutschland zur Zahlung von 10.000,- Euro, zuzüglich aller Gerichtskosten. Nachdem die Bundesrepublik nun die Frist zur Berufung verstreichen ließ, gilt das Urteil als rechtskräftig. Damit ist auch der Klageweg gegen den Arbeitgeber wieder offen.

‚Vivantes‘ strebt eine außergerichtliche Klärung an und bietet laut verschiedenen Presseberichten der Klägerin 70.000,- Euro oder Gespräche über die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses.

Die KEAs (http://www.die-keas.org/) wiesen in ihrem Artikel vom 22.07.2011 (http://www.die-keas.org/node/465) bereits darauf hin, dass dieses Urteil auch Mitarbeiter der Jobcenter stärken würde, sofern diese sich zum Beispiel zum Rechtsbruch oder provozierten Schikanen und Sanktionen gegen Erwerbslose genötigt sehen würden und diese Umstände öffentlich machen wollten.

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Die Grünen blockieren Normenkontrollklage gegen Hartz IV

Eigentlich ist es gut und richtig, dass die Grünen immer wieder selbst daran erinnern, wie sehr sie hinter Hartz IV stehen. Das vereinfacht uns das ständige Wiederholen des Copyrights auf Hartz IV, das Grüne und SPD für sich beanspruchen dürfen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2010 vor allem die Berechnung der Regelsätze und deren fehlende Transparenz bemängelte, wurde die Bundesregierung zum Nachbessern verdonnert.  „Leyen I“, wie es manche nennen, ist zwischenzeitlich in Kraft und will für sich geltend machen, den Anforderungen des Verfassungsgerichts Genüge zu tun. Eine vom DGB in Auftrag gegebene Studie bezweifelt dies. Das Verfassungsgericht aber reagiert nur, wenn es gefragt wird bzw. jemand klagt.

Die Fraktion Die Linke im Bundestag regte eine Normenkontrollklage an, wozu 25 Prozent der Abgeordneten des gesamten Bundestages nötig sind. Das hätte die komplette Linksfraktion, die komplette Fraktion der Grünen und 12 Abgeordnete der SPD sein können. Die SPD aber war aus dem Rennen, nachdem sie mit Ursula von der Leyen ins Feilschen geriet und das Ergebnis „Hartz IV-Kompromiss“ nennt.  Also erneut wird Hartz IV von der SPD, diesmal (egal, legal, scheißegal) mit der CDU/CSU und der FDP getragen. Und die Grünen?

„Leider haben Renate Künast und Jürgen Trittin erneut schriftlich abgesagt mit der Begründung, eine Klage durch die Betroffenen wäre geeigneter. Wer sich selber noch nie als Betroffener ohne viel Geld in der Hinterhand durch sämtliche Instanzen klagen musste, wird dies womöglich anders einschätzen.“ Dies tickerte Katja Kipping (MdB/Die Linke) heute als Pressemitteilung.

Damit ist die Normenkontrollklage also gestorben. Hartz IV-Betroffene haben keine Lobby! (Und man darf fragen, weshalb der DGB eine solche Studie anfertigen läßt, wenn er das Ergebnis ohnehin kampflos hinnimmt.)

Wir dürfen konstatieren, dass Grüne und Sozialdemokraten – obgleich Opposition – im Boot der Regierung sitzen, und wer will darf festhalten, dass die Linke sich wenigstens bemühte. Katja Kippings Engagement gegen Hartz IV mag strategisch umstritten sein, unglaubwürdig erscheint es nicht.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts war kein Sieg der Gerechtigkeit, denn Hartz IV wurde in keinem einzigen Nebensatz in Frage gestellt. Wenn man es genau nimmt hieß der Auftrag des Gerichts an die Bundesregierung doch lediglich, ihre Berechnung des Regelsatzes zukünftig besser zu begründen. Das ist natürlich nicht einfach, wenn es sich um so verdammt wenig Geld handelt. Aber hier hat die Regierung Geschick bewiesen. Hier und da einen Euro mehr und dafür das Recht auf Genussmittel beschneiden; Eltern in ihrer wirtschaftlichen Geschäftsfähigkeit gegenüber ihren Kindern entmündigen …, alles eine Frage der Interpretation, der Auslegung und natürlich der eigenen Mensch- und Wertvorstellung.

Mit Klagen – auch im Sinne von „Wehklagen“ – wird sich das nicht ändern.

Eingliederungsvereinbarungen für Arbeitslose zu wenig individuell

Arbeitsvermittler müssen mit allen Arbeitsuchenden sogenannte Eingliederungsvereinbarungen abschließen. Der Gesetzgeber wollte damit angeblich erreichen, dass die Arbeitslosen besser in den Vermittlungsprozess einbezogen werden. Tatsächlich aber werden sie dazu genutzt, dass Erwerbslose „freiwillig“ Verpflichtungen eingehen, die so per Gesetzt nicht verogesehen werden. Das so genannte „Fördern und Fordern“ ist in den Eingliederungsvereinbarungen häufig nicht ausbalanciert, wie die mittlerweile langjährige Erfahrung zeigt.  Das geht aber auch aus einer am 13.09.2011 veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. „Die Kundenpflichten werden häufig konkret, die Leistungen der Einrichtungen eher vage benannt“, stellen die Arbeitsmarktforscher fest.
 
Nicht selten werde die Anzahl der Bewerbungen festgelegt, die der Arbeitsuchende zu erbringen hat. Zur Anzahl der Vermittlungsvorschläge gebe es jedoch meist keine konkreten Angaben. „Insgesamt folgen die Inhalte der untersuchten Eingliederungsvereinbarungen standardisierten Mustern und lassen einen individuellen Zuschnitt auf die Kundinnen und Kunden vermissen. Sie basieren zudem meistens nicht auf einem gemeinsamen Prozess der Zielfindung“, schreiben die Autoren der IAB-Studie. Mit der Betonung der Kundenpflichten und möglicher Sanktionen folge die Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung eher einer bürokratischen Logik als der einer kundenorientierten Dienstleistung, so das IAB. Zudem würden die Studienergebnisse zeigen, dass viele Vermittlungsfachkräfte die Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarung nicht deutlich genug erklären.

Die Mehrheit der Vermittler sieht das Instrument der Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich positiv. Die gegenseitige Vereinbarung verpflichtender Aufgaben sei nützlich und könne auch den Arbeitslosen dienen. Andere halten dies bei vielen Arbeitslosen nicht für nötig: Ein Drittel der Vermittler in den Arbeitsagenturen äußern sich laut IAB-Studie kritisch zur gesetzlichen Pflicht, mit allen Arbeitsuchenden Eingliederungsvereinbarungen abschließen zu müssen. Von den Vermittlern in den Jobcentern, die für Arbeitslosengeld-II-Empfänger zuständig sind, lehnen 15 Prozent das Instrument Eingliederungsvereinbarung ab.

Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2011/kb1811.pdf.

„Die SPD schafft sich ab.“ – Sarrazin und die Partei vor der Schiedskommission

Während sich die Genossen der SPD an den umstrittenen Äußerungen ihres Parteimitglieds Thilo Sarrazin abarbeiten, verkennen sie nicht, dass die „alte Tante“ höchst selbst seit Jahren vor der Schiedskommission steht. Eine Schiedskommission aus Beobachtern, Wählern und Mitgliedern. Insofern ist es bezeichnend, dass man in Sachen Sarrazin erst ins Detail geht, eine Anklage zu formulieren, um sich sodann mit vagen und oberflächlichen Bekundungen des Angeklagten zufrieden zu geben.

Andrea Nahles, die das Parteiausschlussverfahren anführte, denkt dabei strategisch. Dafür ist sie berühmt. Als 2004 im Zuge der Einführung von Hartz IV der SPD Mitglieder in Scharen davon liefen und auf den Straßen Menschen zaghaft aufbegehrten, mahnte Nahles schlicht einen Themawechsel an. „Lasst uns über Themen reden, die uns einen, statt spalten.“ Damals war das die sogenannte „Bürgerversicherung“. Damit verteidigte sie nicht nur Hartz IV und die Agenda 2010, sondern rehabilitierte vorsorglich auch deren Altherren-Protagonisten.

Strategische Finesse? Durchaus. Das Schiff hat schließlich nicht nur an Fahrt verloren, sondern mit der sozialdemokratischen Irritation „Gerhard Schröder“ reichlich Lecks geschlagen, die es nun zu flickschustern gilt.

Soviel scheint klar, die kruden Thesen Sarrazins sind völlig ungeeignet, das Schiff im Trockendock zu renovieren. Und weil „Opposition Mist ist“ (Franz Müntefering), dümpelt man weiter im Fahrwasser Richtung Macht und hofft auf stille See. So einfach geht das nicht? Doch, so einfach geht das. Denn auch diejenigen Wähler in Baden-Württemberg, die sowohl den Atomausstieg, als auch den Kopfbahnhof in Stuttgart wählen wollten, werden alsbald feststellen, dass sie tatsächlich nur Politiker gewählt haben. Und die müssen – wie es der Name schon sagt – Politik machen. „Sozialdemokratie“ ist dabei nur ein strategischer Faktor, der sich sinniger Weise programmatisch in allen anderen Parteien ebenfalls wiederfinden lässt. Die SPD hat ihr vermeintliches Alleinstellungsmerkmal über Bord geworfen, als wäre es widerlicher Balast. Logisch, dass die politische Konkurrenz danach greift bzw. die durch die SPD verbliebene Leere zu besetzen sucht.

Wer braucht die SPD?

Wenn laut Andrea Nahles der Fall Sarrazin die SPD „in zwei Lager spaltet“ und dies mit (legitimer) „Meinungsvielfalt“ begründet wird, bekommt man vielleicht eine Ahnung davon, wie es um das Fundament dieser Partei bestellt ist. Im Sinne des Grundsatzes der Philosophie, stets die richtigen Fragen zu stellen, geht es nicht um neuen Bootslack für das Schiff, auch – so scheint’s – nicht mehr um die inhaltliche Ladung, sondern um die Frage nach der Notwendigkeit des Schiffes selbst. Was würden denn die Grünen, denen die Windkraft gerade kräftig in die Segel bläst, schlechter machen als die SPD? Das fragen sich immer mehr Menschen. Die vereinzelten Jusos, die jetzt hilflos Andrea Nahles‘ Rücktritt fordern, offenbar nicht. Sie fordern den Rücktritt wegen dem taktischen Sarrazin-Kompromiss, als wäre die SPD ohne Sarrazin eine andere.

Ein Grundübel aller Parteien ist zudem, dass sie nur mächtig sind, wenn sie auch Macht haben. Also selbst wenn die SPD wollte (Jeder weiß, dass sie nicht will.), könnte sie die schließlich Unfall verursachenden Auswirkungen der Agenda 2010 nicht rückgängig machen. Da damit auch ihre Glaubwürdigkeit vor der Schiedskommission steht, sollten die empörten Jusos besser ihren persönlichen Rück- bzw. Austritt in Erwägung ziehen.

In der Partei um Posten und Programme feilschen, in den Parlamenten und Verwaltungen die richtigen Hebel finden und daran schalten, mag den einen oder anderen Politiker spannend erscheinen. Der Rest dieser Art Berufs- und Kaderpolitik ist gähnende Langeweile. Auch Sarrazin scheint das so empfunden zu haben, weshalb er wiederholt mit dem Feuer spielte, um hiernach zu beteuern, dass er schließlich nichts anzünden wollte.

Wo ist das Problem?

Wenn Olaf Lies, der SPD-Parteichef in Niedersachsen, nun glaubt, dass sich das Ergebnis der Schiedskommission und die weitere Parteimitgliedschaft Sarrazins nur schwer vermitteln lassen, sei die Frage gestattet, was die SPD als Ganzes denn überhaupt vermitteln möchte. Dass Hartz IV gut ist? Das findet Sarrazin immerhin ja auch.

Möglicher Weise ist das Skript ja längst geschrieben: „Die SPD schafft sich ab.“ Why not?

Arbeitslosenstatistik noch falscher als bisher angenommen

Offenbar werden viele Ältere durch die Arbeitslosenstatistik nicht erfasst. Speziell bei den über 60-Jährigen liegen seit 2001 die Erwerbslosenzahlen deutlich über den Arbeitslosenzahlen. Das zeigt der aktuelle Altersübergangsreport aus dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Er wurde im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und des Forschungsnetzwerks Alterssicherung erstellt.

Die IAQ-Wissenschaftler Dr. Sarah Mümken, Dr. Martin Brussig und Prof. Dr. Matthias Knuth haben geprüft, welchen Umfang Beschäftigungslosigkeit am Ende des Erwerbslebens einnimmt. Sie werteten dazu aktuelle Daten der Arbeitslosenstatistik und des Mikrozensus aus. Danach werden für die 60-bis 64-Jährigen seit 2001 kontinuierlich weniger Arbeitslose ausgewiesen als erwerbslos waren. Im Jahr 2004 standen einer Erwerbslosenzahl von 253.000 lediglich knapp 63.000 registrierte Arbeitslose gegenüber.

Die Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur für Arbeit sind gerade bei den Älteren nicht unbedingt ein geeigneter Indikator, um die Beteiligung oder Nichtbeteiligung Älterer am Erwerbsleben nachzuzeichnen“, meinen die IAQ-Forscher. Durch die Regelung zum erleichterten Leistungsbezug beispielsweise konnten über 58-Jährige Unterstützung bekommen, ohne in der Statistik als arbeitslos aufzutauchen. „Dass ein Auslaufen dieser Regelung Ende 2007 von einem drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit der Älteren begleitet wurde, ist nicht verwunderlich, sondern legt eher den Blick auf die tatsächliche Arbeitsmarktsituation frei.“

Die Reaktion dürfe jetzt nicht darin bestehen, eine neue statistische Vorschrift zu erlassen, die erneut eine Beschönigung der Arbeitslosenzahlen erlaubt. „Der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit muss mit konkreten Taten entgegen getreten werden“, fordern die IAQ-Wissenschaftler. „Aktive Arbeitsförderung darf Ältere nicht ignorieren“. Dieses Verhalten der Agenturen und Grundsicherungsstellen konterkariere die Appelle der Politik an die Betriebe, Ältere trotz zu erwartender relativ geringer Beschäftigungszeiten einzustellen und einzuarbeiten.

Altersübergangs-Report  –  Archiv

Quelle: idw – Pressemitteilung

Einschulungshilfe für laufendes Schuljahr beantragen

Es gibt zwar einige, die es bereits formlos getan haben, aber alle anderen bekommen jetzt noch mal einen Aufruf dazu.

Kinder mit einem Köln-Pass, die zum Schuljahr 2010/2011 eingeschult wurden, können einen einmaligen Zuschuss für die Anschaffung von Schulmaterialien bekommen. Der Zuschuss wird in einer Höhe von bis zu 100 Euro gezahlt. Dabei müssen Kinder nicht für den gesamten Zeitraum des Schuljahres den KölnPass besitzen. Es reicht auch, wenn der KölnPass nur für einen Teil des Schuljahres gilt. Nach der Genehmigung des städtischen Haushalts durch die Bezirksregierung können die Mittel jetzt ausgezahlt werden.

Entsprechende Anträge sind ab sofort bis zum 28. Februar 2011 schriftlich an das Amt für Soziales und Senioren der Stadt Köln zu stellen.

Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, ist zu empfehlen, auf das zur Verfügung stehende Antragsformular zurückzugreifen. Der Vordruck liegt in den Sekretariaten der Grundschulen aus oder kann telefonisch über das Service-Telefon „Einschulungshilfe“ unter der Rufnummer 0221 / 221-30401 oder 221-30402 angefordert werden.

Der Antrag ist dann an folgende Adresse zurückzusenden:

Stadt Köln
Amt für Soziales und Senioren, Köln-Pass (501/114)
Ottmar-Pohl-Platz 1
51103 Köln

Als Nachweis für die Berechtigung des Zuschusses sind beizufügen:

  • Bestätigung der Grundschule auf dem Antragsformular, dass es sich um ein Erstklässlerkind des Schuljahres 2010/2011 handelt
  • Originalbelege aus dem Jahr 2010, aus denen erkennbar ist, dass es sich um Materialien handelt, die zur Einschulung angeschafft wurden; die Belege werden nach Bearbeitung zurückgesandt.

Anerkennungsfähige Schulmaterialien können beispielsweise sein: Ranzen, Turn- und Sportbeutel, Sporthose, T-Shirt, Sportschuhe, Mäppchen, Bleistifte, Buntstifte, Radiergummi, Spitzer, Folienstift, Wachsmalstift, Schere, Klebestift, Kleber, Knete, Deckfarbenkasten, Pinsel, Zeichenblock, Schnellhefter, verschiedene Hefte, Briefblock, Ringbucheinlagen, Sammelmappen (für Zeichnungen, Hefte und ähnliches), Lineal und anderes.

Als Zuschuss bewilligt wird die Höhe des anerkannten Betrages, höchstens jedoch 100 Euro. Das Geld wird auf das auf dem Antrag angegebene Konto gezahlt.

Für Fragen stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Service-Telefons „Einschulungshilfe“ zur Verfügung. Informationen findet man auch auf den städtischen Internetseiten. Einschulungshilfe für Schulanfänger  

Michael Sommer und der heiße Herbst

Und wieder wird uns ein „heißer Herbst“ angekündigt. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom 30.08.2010 spricht DGB-Chef Michael Sommer von „Demonstrationen“ und „Veranstaltungen“ und droht damit, den Unmut über die „Schieflage“ dieses Landes „mit allen legalen Mitteln hörbar zu machen“.

Wieder werden uns Busreisen – im Oktober nach Hannover, Stuttgart, Nürnberg und Kiel – angeboten. Latschdemos, große Bühnen und darauf Kabarett vom Feinsten. Es wird geschrien werden und Kampflieder mehrstimmig hübsch gesäuselt. Man wird mit den Fingern auf die schwarz-gelbe Regierung zeigen und sie wiederum hilflos und mahnend zugleich gen Himmel richten. Die Fäuste werden womöglich geballt, aber in den Hosentaschen verbleiben.

Das kommt derart superorganisiert daher, dass sich schon weit im Vorfeld das Störpotential sowohl im verkehrstechnischen als auch im politischen Sinn recht gut berechnen lassen wird. Im September sollen die „Demonstrationen und Veranstaltungen“ beginnen, ab Ende Oktober dann drei Aktionswochen folgen. Hat man hier vorsorglich den Oktober-Beginn ausgelassen, um die Chance erst gar nicht zu zulassen, am 3. Oktober dieses Land und seine Schieflage mental zu hinterfragen?

Das würde passen, denn die Zentralgewerkschaften gerieren sich viel zu oft als Mittler zwischen Arbeitnehmer-, aber eben auch Arbeitgeberinteressen. Und sie sind geradezu hörig den Dogmen von Wirtschaftswachstum und Standortfaktoren gegenüber. Zudem sind diese Gewerkschaften als ein Apparat strukturiert, der nur noch symbolische Streiks per Fernbedienung steuert und auf dem politischen Parkett den großen Stellvertreter mimt.

Den Kontakt zur Basis und zur Realität verloren?

Nachdem diese Gewerkschaften gemeinsam mit Rot-Grün Hartz IV auf die Menschen losließen, warfen sie nicht nur die Thematik ‚Erwerbslosigkeit‘ über Bord, sondern überließen sie auch bis zu neun Mio. Hartz IV-Betroffene quasi sich selbst. Das spiegelt sich auch in den Mitgliederzahlen des DGB wider. Waren es vor 20 Jahren noch 12 Mio., sind es heute gerade einmal sechs Mio. Und Michael Sommer erkennt den Umstand an, dass der Mitgliederschwund mit Arbeitslosigkeit zusammenhängt. Menschen, die Hoffnungen im Allgemeinen und Vertrauen in die Gewerkschaften im Speziellen verloren haben. Hier wurde mit jener Schere im politischen Kalkül ein Band zerschnitten, die eben nicht nur Reich und Arm oder Oben und Unten trennt, sondern auch nebeneinander stehende Menschen. Durch die damit einhergehende Individualisierung der sozialen Auseinandersetzungen, die sich in Deutschland durch das faktische Generalstreikverbot auch nicht miteinander oder z.B. mit Arbeitskämpfen vernetzen lassen, scheint dieser Kapitalismus krisenfest.

Bei den Erwerbslosen ist dem DGB die sogenannte Basis schlichtweg weggebrochen und solange man zulässt, dass erwerbslose 1-Euro-Jobber, Bürger- oder Leiharbeiter und angestellte Lohnarbeiter gegeneinander ausgespielt werden, wird an Solidarisierung der Betroffenen nicht zu denken sein. Solange Hartz IV, als disziplinierende Drohkulisse und Instrument der Lohnpolitik, nicht mitgedacht und allumfassend solidarisch bekämft wird, ist jede Forderung nur eine halbe oder weniger davon.

Die große Depression?

Jüngsten Umfragen zufolge, stellen neun von 10 Menschen in Deutschland den Kapitalismus in Frage. Da müssen Gewerkschafter dabei sein, aber die Gewerkschaftspolitik tut dies nicht! Sie möchte einfach ein paar Prozente mehr Gewinnbeteiligung.

Und dafür wird man sich im „heißen Herbst“ und alle Jahre wieder die Füße platt latschen. 2010, 2011, 2012 …

Alles kriselt nach Plan

Roland Koch ist weg, Rüttgers ist weg, Köhler ist weg, Westerwelle … ups, der ist ja noch da. Die Koalition reibt sich auf zwischen personellen, programmatischen und nicht zuletzt finanziellen Querelen und immer weniger Menschen glauben daran, dass die bis zur Sommerpause auch nur irgendwas noch gebacken kriegen. Jetzt, wo der Kapitalismus quasi über sich selbst gestolpert ist, geraten auch die bürgerlichen Parteien in die Identitätskrise und gehörig ins Taumeln. Ihr steht nicht in der Krise, ihr seid die Krise!

Der hessische Chef einer zur Zeit 3- bis 7-Prozentpartei namens FDP, Jörg-Uwe Hahn, mahnt die Kanzlerin ab, sollte sie am „Joker“ einer großen Koalition festhalten. Wenn Hahn es uns nicht gesagt hätte, wir hätten diese Debatte womöglich gar nicht wahr genommen. Der ARD-Sendung ‚Bericht aus Berlin‘ sagte Hahn: „Sie muss jetzt entscheiden, ob sie von dem Joker Abstand nimmt und ernsthaft diese Regierung führen will. Wenn sie es nicht macht, habe ich das Gefühl, dass die Berliner Koalition in der Endkurve ist.“ (In NRW war die Arroganz doch ähnlich in Bezug auf den ‚Linke.‘-Joker … und jetzt verhandelt man über die Ampel.) Soweit so gut, alles verläuft nach Plan.

Aber eben auch das Krisenmanagement wird bekanntlich von den Verursachen (inkl. Makler und Spekulanten) höchst selbst gemanagt und somit geplant. Die FDP ist eng verbunden mit jenen „Freiheiten“ des sogenannten ‚Markts‘, der’s letztlich immer selber richten würde, und somit auch eng verbunden mit der Krise. Dem entsprechend spart man sich während der Sparklausur der Koalition als allererstes mal die sogenannte Reform der Finanzaufsicht, die Wirtschaftskrisen durch Spekulationen zukünftig verhindern sollte.

Und so stiehlt man sich auch bequem aus der Verantwortung, sofern nicht Politiker und deren Welt- und Menschenbild dafür gerade stehen müssen, sondern eben ‚Markt‘ im Sinne von sowas wie Wetter, für das niemand was kann. „Mehr Freiheit – weniger Staat!“, heißt die Forderung der bürgerlichen Parteien, aber letztlich halten sie am Staat als Macht-Instrument ihrer ureigenen Interessen (und den Interessen der Makler und Spekulanten) fest. Und das macht auch Sinn, denn hier muss etwas verteidigt werden, dessen Existenzberechtigung immer wieder nur schön geredet werden kann und es ist eine Minderheit, die gegen die Interessen einer Mehrheit regiert. Reich gegen Arm! Die gefühlte Gerechtigkeit einer Ursula von der Leyen hat vielleicht etwas mit „mehr“ Gerechtigkeit zu tun, aber nichts mit Gerechtigkeit als solches. Auch sie ist freiwillig und aus fester Überzeugung eingebunden in den Mechanismen von „Markt“ und „Macht“ und lebt bzw. „a r b e i t e t“ gewissermaßen strategisch. Visionen werden von der Arbeits- und Sozialministerin nicht zu erwarten sein.

Im Westen nichts Neues – Merkel will Sozialausgaben kürzen

Wenn man einmal bedenkt, dass die ganzen sogenannten Trainings- und „arbeitsdiagnostischen“ Feststellungsmaßnahmen und 1-Euro-Jobs und Gymnastikübungen („Fit für den Job“) … nun wahrlich einen Haufen Steuergeld verprassen und im Kontext der Arbeitslosenstatistik nur zu deren Schönung beitragen und ansonsten nur der Beschäftigung bzw. der vorsorglichen Befriedung potenziell Unzufriedener gilt, dann sind da tatsächlich sehr viele Einsparungen möglich.

Aber Merkel redet nicht davon – zumal ihr der Sektor der Maßnahmeträger einen Haufen Arbeitslose in die Statistik spülen würde -, sondern von „Eingliederungshilfen“, die sie kürzen möchte. Eingliederungshilfen sind Lohnzuschüsse, die einen Arbeitgeber entlasten, wenn er entweder einen neuen Arbeitsplatz schafft, der ohne Förderung nicht finanzierbar wäre oder er einen Langzeitarbeitslosen einstellt, dessen Qualifikation erst während der Beschäftigung aktualisiert werden muss.

Da kann man von „Mitnahme-Effekten“ reden, die an den Krisen-Börsen auch Alltag sind, aber doch nicht verleugnen, dass hiermit ggf. tatsächlich über die Schaffung (Oder Erfindung?) neuer Jobs nachgedacht wird. Aber darum scheint es dieser Regierung bzw. diesem Staat gar nicht zu gehen.

Es geht ohne Wenn und Aber darum, die Armen arm, verängstigt und somit erpressbar zu halten. So stehen sie dem heiligen ‚Markt‘ bedingungslos und auf Abruf zur Verfügung. Und zwar für jeden Dreck bis hin zur militärischen Verteidigung „freier Handelswege“ in Afghanistan und anderswo. Darüber hinaus dienen sie als drohende Konkurrenz-Kulisse gegenüber (Noch)Lohnabhängigen, um die Spaltung sogenannter „Klassen“ zu fördern und den solidarischen Widerstand zu brechen. Und wer nicht mehr arbeitsfähig ist, der darf schon jetzt vor sich hinkranken, bis er an der Kopfpauschale sterben wird. (Wer ‚Hartz IV‘ in seinen individuellen Auseinandersetzungen nicht mitdenkt, hat schon verloren bzw. ergibt sich seinem Schicksal.)

Das nennt man Sicherheitsmanagement und offenbart den Angstschweiß auf der Stirn dieser Politiker, sofern theoretisch nur eine historisch unspektakuläre „Bagatelle“ ausreichen kann und der ganze Laden fliegt ihnen um die Ohren. Der soziale Frieden ist lange aufgekündigt, die Solidargemeinschaft zum zerreißen angespannt. Was dieser Staat jetzt spart, wird er alsbald für Gefängnisse brauchen.

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DU BIST EIN DEUTSCHER DEPP!!!

Erst Papst und jetzt auch noch DAS!

WIR SIND MAL WIEDER DIE DEPPEN DER EU!“

titelte ein deutsches, namenhaftes Massenschmierblatt in großen Buchstaben, am 11. Mai 2010.
Nun bin ich also schon Deutschland, Papst (und somit Vorstandsvorsitzender eine Firma mit vielen potenziellen Kinderfickern) und ein Depp. Vielleicht sollte das ja eine geheime, zeit-historische Trilogie mit Pointe werden und vielleicht hat dieses Volkskäseblatt ja doch Humor. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass der Deutsche nun endlich, mit Hilfe der Mainstream-Massenmedien, wieder ein neues Feindbild gefunden hat – die „Pleite-Griechen“.

Nach der sensationellen Versöhnung mit den Niederlanden durch den Gewinn der Bundesliga 2010 durch Louis van Gaal, einem Holländer in Lederhosen und mit Weißbierdusche bei Bayern München, musste schnell ein neues Feindbild her, denn immer nur die römisch-dekadenten Sozialschmarotzer werden auf Dauer ausgelutscht. Das Alles so kurz nach dem wirklich klaren Wahlergebnis bei der NRW-Landtagswahl 2010, dass man auch gleich hätte würfeln können. Es ist gerade ganz schön was los in diesem Land und unserer schönen EU – es braut sich wieder etwas zusammen – und das will gut manipuliert sein.

Seit dem Bankrott von Griechenland kann man wieder stolz darauf sein ein guter, fleißiger, sparsamer, deutscher Arbeiter zu sein mit dem so etwas natürlich nie passiert wäre. Aber liegt es tatsächlich daran das die „Pleite-Griechen“ zu faul zum arbeiten sind und immer nur streiken wollen? Ist es nicht viel mehr eine großangelegte Hetzkampagne gegen eine sozialrevolutionäre Bewegung und ein Ablenkungsmannöver von den Fehlern deutscher Politik?

Ist es in einem kapitalistischen System, in dem die Macht des Stärkeren regiert, verwerflich pleite und somit schlichtweg arm zu sein? Dieses System ist darauf aufgebaut das Irgendjemand den Kürzeren ziehen muss. Das einzige Ziel des Kapitalismus ist der Gewinn. Doch wo es Gewinner gibt, da muss es auch Verlierer geben und wer wachsen möchte, der muss sich etwas einverleiben. Nun hat Griechenland quasi nichts mehr zu fressen und will vom deutschen Kuchen etwas abhaben. Der Deutsche teilt aber offensichtlich nicht gerne, jammert und schimpft den ganzen Tag, säuft Bier, guckt Fußball und schlägt Frau und Kinder.

Merkt ihr was?

Richtig – Die Nation/die Randgruppe über die man hetzen möchte, ist beliebig austauschbar. Es ist viel einfacher die Schwachstellen eines Klischeebildes anzugreifen, anstatt in der Halbzeitpinkelpause, auf dem Weg zum Kühlschrank, oder dem Fußweg zum nächsten roten Zeitungskasten auch mal ein paar Sekunden nach zu denken und sich auch einmal dafür Zeit zu nehmen und zu reflektieren woraus Probleme tatsächlich entstehen. Dann müsste einem eigentlich die Zornesröte und das blanke Entsetzen ins Gesicht steigen – so wie den streikenden „Gammel-Griechen“ jetzt eben. Während sich die griechische Regierung schon darauf freut, die Almosen aus fremden Ländern zu verheizen, ist das untertänige „Fußvolk“ gerade dabei die so genannten „sozialen Brennpunkte“ anzuheizen.

Angesichts ähnlicher Probleme in Deutschland (Arbeitslosigkeit oder moderne Zwangs- und Sklavenarbeit, miese Arbeitsbedingungen, Dumping-Löhne, leere Kassen, steigende Preise, die Abschaffung der Sozial-, Gesundheits- und Rentensysteme, steigende Totalüberwachungs- und Repressionstendenzen durch den Staat usw. usf.) stellt sich die Frage, weshalb hier der Ofen noch nicht brennt?!

Vermutlich weil der Deutsche zu faul und zu dumm ist für den Widerstand und die soziale Revolte. Oder aber er wird manipuliert, radikalisiert, abgestumpft, verroht und dressiert. Was mit den „Pleite-Griechen“ als Nation passiert, dass passiert in Deutschland den „Sozialschmarotzern“, dem gemeinen Pöbel, der so genannten „Unterschicht“ – den Armen. Wenn du arm bist, dann sollst du fleißig arbeiten, konsumieren und beten. Wenn das ausgebeutete Würstchen darauf aber keine Lust mehr hat oder auf Grund von existenzbedrohender Armut nicht mehr in der Lage dazu ist, dann ist es unnütz, überflüssig und eine Belastung für den braven, gehorsamen Steuerzahler der insgeheim wahrscheinlich auch Angst um seine Existenz hat. Dies ist das Ausmaß eines neu-entstehenden, viel diskutierten Sozialrassismus in sehr gefährlichem Ausmaß, da Angst und Hass als zentrale Machtinstrumente geschürt werden.

Lasst euch spalten und beherrschen oder macht die Glotze endlich aus, schmeißt die Käseblätter weg und schaltet eure Gehirne, den gesunden Menschenverstand und eure Harmoniebedürftigkeit an:

Du bist Deutschland – Du bist ein Kinderficker-Papst – Du bist ein rechts-konservativer, radikaler, alkoholabhängiger, geBILDeter, deutscher DEPP!

Ein Hoch der anti-nationalen Solidarität!

Schlecker-Tochter überwacht Mitarbeiter

Datenschützer ermitteln gegen Drogeriekette „Ihr Platz“

Hamburg (pte) – Die Skandalmeldungen über den Schlecker-Konzern nehmen kein Ende. Nach den schweren Vorwürfen zu Lohndumping, unwürdigen Arbeitsbedingungen und Mitarbeiter-Ausbeutung sieht sich die Schlecker-Tochter „Ihr Platz“ nun mit Ermittlungen der Datenschützer konfrontiert. Wie NDR Info berichtet, werden Kunden und Mitarbeiter bei der Drogeriekette mit Videokameras überwacht. Schlecker wollte sich zu dem möglichen Gesetzesverstoß nicht äußern – eine für die Gewerkschaften wenig überraschende Haltung.

Informationssperre

In der Causa Schlecker lassen sich Bände füllen„, meint Achim Neumann, Vertreter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, im Gespräch mit pressetext. Im Falle des Tochterunternehmens „Ihr Platz“, das bundesweit ein Netz von rund 700 Filialen betreibt, sehe die Lage jedoch noch schwieriger aus. „Die Informationslage ist mehr als dünn. Wir verfügen kaum über Kontakte oder Informationen„, erläutert Neumann. Weithin bekannt ist hingegen die gewerkschaftsfeindliche Haltung des Schlecker-Konzerns.

Im Lohndumping-Skandal habe die Gewerkschaft einen Etappensieg gegen Schlecker erzielt. Das Unternehmen habe versucht, die Personalkosten durch Dumpingverträge um bis zu 50 Prozent zu drücken. „Wenn angesichts des Preiskriegs an der Ware kein Geld mehr verdient werden kann, wird anhand der Personalkosten versucht, Profit zu machen„, betont Neumann gegenüber pressetext. Die Vorwürfe gegen Ihr Platz werde Schlecker aber mit Verweis auf eine eigene Geschäftsführung von sich weisen.

Verstöße gegen Bundesdatenschutzgesetz

In der Untersuchung gegen die Schlecker-Tochter wird wegen fehlender sogenannter Verfahrensbeschreibungen ermittelt, die vor der Installation von Überwachungsanlagen vorliegen müssen. Darin seien Bereiche und Zeiten der Aufzeichnung erfasst und ein Datenschutzkonzept festgelegt. Bei „Ihr Platz“ seien jedoch nicht nur Kunden, sondern auch Mitarbeiter von den Kameras erfasst worden, was dem Datenschutzbeauftragten zufolge ebenfalls unzulässig sei. Dieser wurde vor rund drei Monaten auf die Missstände bei Ihr Platz hingewiesen. Sollte es tatsächlich zu Gesetzesverstößen gekommen sein, drohe ein Bußgeld.

Die sinnlosen Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose

so hieß der Titel einer Reportage von report München, die am 18.01. ausgestrahlt wurde.

Hunderttausende Arbeitslose sind in teuer bezahlten Förderungen vom Bewerbungstraining bis zur Weiterbildung. Doch diese Kurse sind oft Zeitverschwendung. Andere Arbeitslose wiederum kämpfen – vergeblich – für eine für sie passende Qualifizierung. report MÜNCHEN über die Willkür der Ämter und die Wut der Betroffenen.

Wer den Bericht verpasst hat kann ihn hier nach lesen oder sogar online sehen. 

Mittlerweile hat auch die Bundesagentur für Arbeit reagiert und zwar wie erwartet. Es ist nämlich alles gaaaanz anders, als report berichtet. Hier die Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit vom 19. Januar 2010 im Wortlaut:

Report München berichtete gestern (18.1.2010) unter der Überschrift
„Schlecht beraten und abgeschoben. Die sinnlosen
Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose“ über angeblich sinnlose
Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Dazu stellt die BA fest:
Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen Maßnahmen der
beruflichen Weiterbildung (die von externen fachkundigen Stellen
zertifiziert werden und zu einem Abschluss führen) und Maßnahmen zur
Aktivierung und beruflichen Eingliederung von Arbeitslosen (die
ausgeschrieben werden und die Chancen von Arbeitslosen bzw.
Arbeitsuchenden auf eine Beschäftigung erhöhen sollen). Darüber hinaus
ist beim Einsatz dieser Maßnahmen zu unterscheiden zwischen dem Vorgehen
der Bedarfsträger (Agentur für Arbeit bzw. Träger der Grundsicherung).
Diese Unterschiede wurden von report München komplett ausgeblendet.
Alles wurde „in einen Topf geworfen“ und pauschal verurteilt.
Richtig ist hingegen folgendes:
Die BA setzt die ihr anvertrauten Beitrags- und Steuermittel
verantwortungsvoll und wirtschaftlich ein. Grundlegend für die
Entscheidung im Einzelfall ist hierbei die Notwendigkeit der Maßnahme im
Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnahme zu einer
Beschäftigungsaufnahme führt.
Erhebungen der BA zeigen, dass auch kurzfristige (bisherige)
Trainingsmaßnahmen erfolgreich sind: So liegt die Eingliederungsquote im
SGB III (sagt aus, welcher Anteil der Maßnahmeabsolventen sechs Monate
nach Abschluss einer Maßnahme in sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigung sind) aktuell für Absolventen von (bisherigen)
Trainingsmaßnahmen bei 45 Prozent. Die Eingliederungsquote für
Teilnehmer an Maßnahmen beruflicher Weiterbildung liegt im Rechtskreis
des SGB III mit 55 Prozent sogar noch höher.
Auch die Ausführungen des Arbeitsmarktexperten Stefan Sell dass „erstens
die Leute, so lange die in diesen Maßnahmen sind, nicht mehr als
registrierte Arbeitslose auf(tauchen), das ist natürlich schön für die
Statistik“ sind nicht haltbar. Seit Monaten weist die BA regelmäßig die
Angaben zur Unterbeschäftigung aus. Neben den registrierten Arbeitslosen
fließen hier auch die Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
ein. Die BA stellt somit völlige Transparenz über das tatsächliche
Arbeitsplatzdefizit her.

Ist es nicht niedlich, wie die BA hier die Beweisführung angeht: „Dazu stellt die BA fest
Es ist also davon auszugehen, dass die Feststellung der BA der Beweis für deren Behauptungen darstellt. Das ist fast so, als ob der TÜV-Prüfer sein eigenes Auto prüft oder?

Was aber wirklich bemerkenswert ist, ist folgendes. Die BA gibt im Prinzip zu, dass da jede Menge schief läuft, aber eben nicht in ihrem Aufgabengebiet. Darum bemängelt sie dass in der Reportage alles „in einen Topf geworfen“ und pauschal verurteilt wurde.
Die BA zeigt also mit dem Finger auf die ARGEN, Jobcenter und sonsitigen SGB II – Konstrukte und ruft: „Die waren’s, die waren’s.“ Mal ganz davon abgesehen, ob sie damit Recht hat oder nicht; ganz davon abgesehen, ob die BA mit ihrer Feststellung tatsächlichen den wahren Sachverhalt feststellt oder wissentlich die Unwahrheit schreibt, petzen ist nun wirklich einer Bundesagentur nicht würdig.

Ätsch!

Prekär statt regulär – Hartz IV verändert den Arbeitsmarkt

Wenn ich eine Studie der Bertelsmann-Stiftung bekomme, bin ich grundsätzlich immer sehr skeptisch. Schließlich ist allgemein bekannt, welche Absichten von dort verfolgt werden und dass dies oft unter dem Deckmantel der Wissenschaft in Medien und Politik platziert wird. Trotzdem oder gerade deswegen, möchte ich auf die aktuelle Arbeitsmarktstudie dieser Stiftung eingehen.

Die Zahl der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse ist in Deutsch­land seit 2001 im internationalen Vergleich stark zurückgegangen. Dagegen nahm der Umfang von Teilzeitjobs und befristeter Beschäftigung deutlich zu. Dies zeigt eine Studie der Bertelsmann Stif­tung, die gemeinsam mit dem Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) erstellt wurde.

Das so genannte Normalarbeitsverhältnis ist durch eine unbefristete Anstellung in Vollzeit (Arbeits­zeit von 30 Stunden oder mehr) charakterisiert. Nach dieser Definition befanden sich im Jahr 2008 60,1 Prozent aller Beschäftigten im Alter zwischen 25 und 64 Jahren in einem Normalarbeitsver­hältnis. Seit 2001 ist diese Form der traditionellen Beschäftigung um 4,6 Prozentpunkte zurückge­gangen. Im internationalen Vergleich hatten nur Polen und die Niederlande sowie Luxemburg und Malta noch größere Rückgänge zu verzeichnen. Dagegen weisen viele mittel- und osteuropäische Länder, aber auch Großbritannien, Frankreich und Finnland eine Zunahme des Normalarbeitsver­hältnisses auf.

Während in Deutschland in der Industrie traditionelle Beschäftigungsformen nach wie vor dominie­ren, sind diese im Dienstleistungssektor im Vergleich zu anderen Ländern deutlich weniger ver­breitet. Hierzulande ist mit einer Quote von 53,2 Prozent nur gut jeder zweite Arbeitnehmer unbe­fristet und in Vollzeit beschäftigt.

Mit dem Abbau traditioneller Beschäftigungsformen reagiert die Wirtschaft auf gestiegene Flexibi­litätsanforderungen und die erweiterten Möglichkeiten im Zuge der Arbeitsmarktreformen alterna­tive Beschäftigungsarten zu nutzen„, so Eric Thode, Senior Expert der Bertelsmann Stiftung und Co-Autor der Studie. „Der Arbeitsmarkt ist funktionsfähiger, aber auch unsicherer geworden. Die Politik steht vor der Herausforderung, auch im Bereich flexibler Arbeitsverhältnisse mehr Sicherheit zu schaffen, ohne die gestiegene Anpassungsfähigkeit wieder einzuschränken.“

[Aaaaahja: Also die so genannte Anpassungsfähigkeit und damit die unzweifelhaften Vorteile für die Wirtschaft, will Bertelsmann unbedingt erhalten. Wie die lohnabhänig Beschäftigten ihr Zückerchen bekommen, soll die Politik allein lösen]

Der Rückgang des Normalarbeitsverhältnisses ist mit einer schwachen Lohnentwicklung einherge­gangen. Für Geringverdiener mit zwei Dritteln des Durchschnittseinkommens eines Arbeiters in der Industrie stiegen in Deutschland beispielsweise die Nettolöhne zwischen 2001 und 2008 lediglich um 1,6 Prozent. Der Durchschnitt in Europa lag dagegen bei 2,9 Prozent. Als Ursache werden neben einem über weite Strecken unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum vor allem Struk­tureffekte gesehen, die durch die Schaffung von Teilzeitarbeit und marginalen Beschäftigungsver­hältnissen entstehen. Die Zunahme niedrig entlohnter Arbeitsverhältnisse senkt die durchschnittli­chen Verdienste und vermindert so auch die Zunahme der Nettorealeinkommen.

Der Rückgang von traditionellen Beschäftigungsverhältnissen ist in Deutschland keineswegs ge­schlechtsneutral. Der Anteil von Frauen, die sich in einem Normalarbeitsverhältnis befinden, sank zwischen 2001 und 2008 von 48 auf ca. 43 Prozent und erreichte nach den Niederlanden und der Schweiz den drittniedrigsten Wert unter 28 untersuchten OECD Staaten. Der Vergleich zeigt auch, dass das Normalarbeitsverhältnis bei Frauen stärker als bei Männern zurückgegangen ist. Die Zunahme der Beschäftigung bei Frauen wurde demnach vor allem über Teilzeitarbeit
erzielt.

Hartz IV ist gescheitert

Berlin (ots) – Anlässlich der am 15.12.09 vom Statistischen Bundesamt vorgestellten Armutsquoten warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband vor massenhafter Verarmung und der Verödung ganzer Regionen in Deutschland und übt dabei scharfe Kritik an dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz. In Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise werde sich die Situation dramatisch verschärfen, sollte die Regierung nicht unverzüglich aktiv, nachhaltig und konsequent Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut ergreifen.

Deutschland steht vor einer Zerreißprobe. Wenn wir nicht sofort und massiv gegensteuern, wird der Teufelskreis der Armut in vielen Landstrichen nicht mehr aufzuhalten sein„, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Ohne gezielte Maßnahmen der Armutsbekämpfung werde mittelfristig jede Grundlage für eine gute ökonomische Entwicklung in den betroffenen Regionen zerstört. „Was wir brauchen ist die nachhaltige Verknüpfung von Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der gezielten Förderung von Regionen„, fordert Schneider. „Das Geld muss dahin gehen, wo es auch wirklich gebraucht wird und das ist in armen Haushalten und armen Regionen.

Scharfe Kritik übt der Verband in diesem Zusammenhang am Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das Freitag im Bundesrat beschlossen wurde. „Der vorliegende Gesetzentwurf ist armutspolitisch ignorant, sozial ungerecht und wirtschaftspolitisch wirkungslos. Steuergeschenke an Hoteliers und Erben sowie zusätzliche Belastungen für Länder und Kommunen sind das Letzte, was wir in dieser Situation brauchen„, kritisiert Schneider, „Wer nachhaltiges Wachstum will, darf Erziehungsberatungsstellen, Schulen und Altenclubs nicht kaputt sparen.

Als Maßnahmen im Rahmen einer Anti-Armuts-Agenda fordert der Verband die Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze auf 440 Euro und die Einführung eines eigenen bedarfsgerechten Kinderregelsatzes sowie den Ausbau der erzieherischen Infrastruktur vor Ort. Zudem sei der Ausbau öffentlich geförderter, dauerhafter und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zwingend erforderlich. „Wir dürfen die Dinge nicht länger laufen lassen und nur auf die Kräfte des Marktes hoffen. Steuergeschenke allein schaffen keine Arbeitsplätze„, so Schneider.

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Wie die darauf kommen, dass man nur mal eben auf 440 Euro (auch viel zu wenig) erhöhen brauche und alles wird gut, weiß ich auch nicht. Es bleibt dabei: Hartz IV muss weg!

Warum Überprüfungsanträge so wichtig sind

Bei den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wegen Hartz-IV handelt es sich konkret um sogenannte Normenkontrollverfahren, die (Erwachsenen-Regelleistung UND Kinder-Regelleistung „Sozialgeld“, also §§ 20 und 28 SGB II) das Landessozialgericht Hessen und das Bundessozialgericht (in den beiden Fällen betreffend die Kinder-Regelleistung „Sozialgeld“, also „nur“ § 28 SGB II) gemäß Artikel 100 Grundgesetz beim Bundesverfassungsgericht eingereicht haben.
Was bedeutet das?

Missbraucht BA die Pressefreiheit?

Irreführende Pressemeldungen und kein Dementi der Bundesagentur für Arbeit

Die BAG Hartz IV zur Interessenvertretung der Erwerbslosen und prekär Beschäftigten in und bei der Partei DIE LINKE hat nach den Pressemeldungen über die Zunahme von Missbrauch recherchiert. Das Ergebnis: Diese Feststellung ist falsch! Werner Schulten, Sprecher der BAG, erklärt Hintergründe auch in einem Interview mit dem Neuen Deutschland.

Die Bundesagentur für Arbeit möchte trotz der Kritik die falschen Pressemeldungen aber nicht richtig stellen.

Unten findet sich das interne Papier der Bundesagentur für Arbeit zum Thema Missbrauch bei Hartz IV, auf welches in den Beiträgen Bezug genommen wird.

Internes Papier der Bundesagentur für Arbeit

Brennende Autos und Angriffe auf Polizei in Berlin und Hamburg

Am Sonntag, den 22.11.2009, strahlte die ARD einen „Tatort“ der besonderen Art aus. Schauspielerin Martina Gedeck im Spielfilm „Der Baader-Meinhof-Komplex“ hämmerte in der Person Ulrike Meinhofs ein Zitat in die Schreibmaschine, das damals in der ‚Konkret‘ veröffentlicht wurde: „Wenn ein Lastauto mit Springer-Zeitungen angesteckt wird, ist das Brandstiftung. Wenn alle Springer-Autos brennen, dann ist das eine politische Aktion.“
Noch in der gleichen Nacht der Filmausstrahlung brannten in den frühen Montagsstunden nahezu zeitgleich in Berlin und Hamburg insgesamt 10 Fahrzeuge der Deutschen Bahn. Laut vorgeblichen Bekennerschreiben sollte die Bahn als Profiteur der Atomtransporte getroffen werden. In den Medien wurde der Vorfall zwar titelseitig gewürdigt, aber kaum politisch und differenzierend diskutiert oder eingeordnet. Die fünf in Berlin verbrannten Fahrzeuge der Deutschen Bahn AG wurden nahtlos den bis dahin 270 verbrannten Autos in Berlin 2009 integriert. Neuer Tag, neues Thema.

Nun also wieder eine offenbar konzertierte Aktion in Berlin und Hamburg, wobei es diesmal Einrichtungen und Fahrzeuge von Polizei, BKA und Zoll getroffen hat. Eine Verbindung zwischen den Akteuren in Hamburg und Berlin scheint nahe zu liegen, der Staatsschutz ermittelt, aber auch diesmal ist die Polizei auffallend vorsichtig, die Taten einzuordnen. Der Berliner Polizeisprecher Thomas Neuendorf brachte im Zusammenhang der zahlreichen Autobrandstiftungen im Gespräch mit N24 (Morgenreport) viele vermutete Trittbrettfahrer ins Spiel, die im Schutz der Modewelle brennender Autos ihre Beziehungsprobleme ausleben würden. „Sie meinen Sozialneid?“, möchte die Nachrichtensprecherin des Senders die Taten noch halbwegs politisiert einordnen, aber Neuendorf wiegelt ab. Beziehungstaten.

Da mag zu einem unbekannten Prozentsatz ganz sicher auch Wahrheit dahinter stecken, vielleicht ist es für Manche auch eine völlig unpolitisch motivierte Sportart, möglichst hochwertige Autos abzuwracken. Aber bei den Fragen nach dem „Warum“ und – im Kontext der genannten Beispiele der Aktionen in Berlin und Hamburg – nach dem „Wie“ müssen doch früher oder später soziale bzw. soziologische Komponenten eine Rolle spielen. In etwa so: „Wie reagiert Mensch, wenn sich laut repräsentativen Umfragen eine deutliche Mehrheit gegen Atomstrom ausspricht und der Staat dies ignoriert?“ Oder: „… wenn sich eine deutliche Mehrheit gegen Hartz IV ausspricht und der Staat dies ignoriert?“ Oder: „… wenn sich eine deutliche Mehrheit gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ausspricht und der Staat dies ignoriert?“ Wie reagieren Menschen, die selbst „der Staat“ sein sollen, aber trotz ihrer Mehrheit von diesem nicht repräsentiert werden?

Der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus verurteilte die Anschläge als “extremistische Angriffe auf unsere Demokratie“. Lassen wir das mal nachhallen: „... auf unsere Demokratie. … auf unsere Demokratie. … auf unsere Demokratie. …

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Urteil: Verspätete Abgabe des Antragsformulars für Arbeitslosengeld II führt nicht zur Verwirkung

Der Kläger sprach am 9. Juni 2005 bei der Beklagten wegen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II vor. Ihm wurde dabei ein Antragsformular ausgehändigt, auf das im Feld „Tag der Antrag­stellung“ der Stempel „9.6.05“ aufgebracht wurde. Persönliche Daten des Klägers wurden an diesem Tag durch die Beklagte nicht erfasst. Am 3. Januar 2006 legte der Kläger sodann das nunmehr aus­gefüllte Antragsformular vom 9. Juni 2005 bei der Beklagten vor. Er gab an, seinen Lebensunterhalt durch das Arbeitslosengeld nach dem SGB III, Erspartes und Darlehen seiner Eltern bestritten zu haben. Der beklagte Grundsicherungsträger gewährte ab 3. Januar 2006 Arbeitslosengeld II; das Be­gehren des Klägers, die Leistungen bereits ab 9. Juni 2005 zu erbringen, wurde von dem Beklagten abschlägig beschieden. Das Sozialgericht hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben, das Landessozialgericht hat den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage ab­gewiesen. Der Kläger habe zwar am 9. Juni 2005 wirksam einen Antrag gestellt; die mit dem Antrag geltend gemachten Leistungsansprüche seien aber für die Zeit bis vor dem 3. Januar 2006 durch Verwirkung erloschen. Der Kläger habe nach seiner Antragstellung nichts mehr getan, um seine An­sprüche weiter zu verfolgen. Insbesondere habe er das ausgefüllte Antragsformular erst fast sieben Monate nach der Antragstellung vorgelegt.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat der Revision des Klägers im Verfahren B 14 AS 56/08 R am 28. Oktober 2009 nach mündlicher Verhandlung stattgegeben und den der Klage stattgebenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts wiederhergestellt.

Dem Kläger steht für den Zeitraum ab dem 9. Juni 2005 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu. Er hat am 9. Juni 2005 (gemäß § 37 SGB II) wirksam einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt. Das Landessozialgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers für den Zeitraum bis zur Vorlage des aus­gefüllten Antragsformulars entsprechend § 242 BGB verwirkt sei, weil der Kläger nach der Antrag­stellung seine Ansprüche nicht weiter verfolgt habe. Gemäß § 16 Abs 3 SGB I muss der Grund­sicherungsträger darauf hinwirken, dass der Antragsteller unverzüglich klare und sachdienliche An­träge stellt und unvollständige Angaben ergänzt. Für den an­tragstellenden Bürger besteht im Ver­waltungsverfahren die Verpflichtung mitzuwirken. So kann nach § 60 SGB I von dem Antragsteller verlangt werden, bestimmte Beweismittel zu bezeichnen und auf Ver­langen des zuständigen Leistungs­trägers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzu­stimmen. § 66 SGB I sieht bei fehlender oder nicht recht­zeitiger Mit­wirkung die Sanktion der Leistungsversagung vor, wenn die dort genannten Voraus­setzungen erfüllt sind. Der beklagte Grundsicherungsträger hätte sich dieser Instrumente des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens bedienen müssen, die hier einen Rückgriff auf das Rechtsinstitut der Verwirkung ausschließen.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 37 SGB II
(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden auf Antrag erbracht.
(2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. …

§ 41 SGB II
(4) Satz 4: Die Leistungen sollen jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden.

§ 16 SGB I
(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdien­liche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

§ 66 SGB I
(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich er­schwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. …

Veränderte Lebenslage – ArGe muss erneut aufklären

Eine Familie, die Arbeitslosengeld II bezieht, muss vom Grundsicherungsträger erneut über die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten belehrt werden, wenn sich ihr Wohnbedarf durch die Geburt eines Kindes erhöht hat. Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschieden.

Grundsätzlich haben Empfänger von Grundsicherungsleistungen nur Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, wenn diese angemessen sind. Lediglich für eine Übergangszeit, in der Regel sechs Monate, werden zu hohe Unterkunftskosten übernommen, um dem Hilfebedürftigen Gelegenheit zu geben, sich eine preiswertere Wohnung zu suchen. Dies setzt allerdings voraus, dass dem Hilfebedürftigen der für seine Familie angemessene Mietpreis bekannt ist.

Der Sozialhilfeträger hatte die Frau 2002 zu Beginn des Leistungsbezugs darüber aufgeklärt, dass die Wohnung für sie und den älteren Sohn  zu teuer sei. Zwei Jahre später, im Herbst 2004, wurde der zweite Sohn der Klägerin geboren. Der Grundsicherungsträger legte für die Zeit nach Einführung des Arbeitslosengeldes II („Hartz IV“) zum 01. Januar 2005 der Leistungsberechnung lediglich die für drei Personen als angemessen erachtete Kaltmiete zugrunde. Die Kläger seien bereits während des Bezuges von Sozialhilfe hinreichend darüber aufgeklärt worden, dass ihre Wohnung zu teuer sei.

Dem ist das Landessozialgericht entgegen getreten. Die Kläger haben wegen der Geburt des zweiten Kindes Anspruch auf eine größere Wohnung als zum Zeitpunkt der Belehrung durch den Sozialhilfeträger. Der Grundsicherungsträger hätte dies daher zum Anlass nehmen müssen, die Kläger auf den nunmehr für sie geltenden Mietpreis hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, haben sie weiterhin Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Kaltmiete.

  • Landessozialgericht Rheinland-Pfalz; Urteil vom 21.04.2009
    [Aktenzeichen: L 3 AS 80/07]