Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) plant zum Schutz vor Armut von Geringverdienern und Rentnern eine deutliche Erhöhung des Wohngelds. „Wir müssen Erwerbstätigen, die zu wenig verdienen, und Rentnern, die mit Armut im Alter kämpfen, mehr zukommen lassen„, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Er werde sich daher mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (beide SPD) und der SPD-Fraktion für eine deutliche Verbesserung beim Wohngeld einsetzen.
In den vergangenen Jahren seien die Miet- und vor allem die Heizkosten drastisch gestiegen, das Wohngeld sei hingegen zuletzt 2001 erhöht worden, führte der Minister aus. „Diese unhaltbare Situation wollen wir beenden.“
Tiefensee wollte sich noch nicht zu den Gesamtkosten seines Reformvorschlags äußern. Experten zufolge dürften sie aber bei mehreren hundert Millionen Euro liegen, berichtete die Zeitung weiter. Gegen den Plan könnten sich demnach außer der Union auch die Bundesländer stellen, da diese sich die Aufwendungen für das Wohngeld mit dem Bund teilen. „Ich hoffe auf ein positives Herangehen der Länder„, sagte der Minister. Erst nach diesen Verhandlungen werde der Umfang der Erhöhung für den einzelnen Bedürftigen feststehen.
Das Wohngeld wird in Form eines Zuschusses zur Miete oder zu den Kosten für das Eigenheim gezahlt. Insgesamt profitieren laut „SZ“ etwa 690.000 Haushalte in Deutschland mit geringen Gesamteinkommen von der Sozialleistung.
Die heutigen Erklärungen von Bundesbauminister Tiefensee zur Erhöhung des Wohngelds sind nach Auffassung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann nicht ausreichend. „Der Bundesbauminister soll rasch konkrete Vorschläge für ein Gesamtkonzept auf den Tisch legen. Außerdem sollte er darstellen, wie er eine Erhöhung des Wohngeldes zu finanzieren gedenkt, statt den Bürgerinnen und Bürgern Wahlkampfsand in die Augen zu streuen. Mit Absichtserklärungen und der öffentlich geäußerten Hoffnung auf ein positives Herangehen der Länder ist es jedenfalls nicht getan„, sagte Herrmann.
Herrmann wies darauf hin, dass sich von 2001 bis 2007 der Index der Wohnungsmieten einschließlich Nebenkosten um 7,7 Prozent erhöht hat. „Die Mieten und die Mietnebenkosten sind seit der letzten Erhöhung des Wohngeldes im Jahr 2001 deutlich gestiegen, die Heizkosten geradezu explodiert„, sagte Herrmann. Das belaste vor allem sozial schwachen Haushalte.
„Endlich ist auch Wolfgang Tiefensee zu der Einsicht gelangt ist, dass eine Erhöhung des Wohngeldes angesichts drastisch gestiegener Wohn- und Heizkosten dringend geboten ist„, so Heidrun Bluhm, „Im Interesse der knapp 700.000 Betroffenen muss Tiefensee seinen Worten nun rasch Taten folgen lassen und sein Vorhaben in der Großen Koalition durchsetzen„, fordert die bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:
„Das Wohngeld muss um mindestens 15 Prozent erhöht werden, damit überhaupt von einer Entlastung der Haushalte die Rede sein kann. Zudem müssen die Nebenkosten und die explodierenden Heiz- und Energiekosten in das Wohngeld einbezogen werden. Das habe ich bereits im vergangenen Jahr gefordert. Noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Wohngeldrechts vom November 2007 war davon jedoch keine Rede.„
„Durch die Erhöhung des Wohngelds wären weniger Menschen mit Armutslöhnen gezwungen, zusätzlich zu ihrem Vollzeitarbeitsplatz Arbeitslosengeld II zu beantragen, um über die Runden zu kommen. Auch das entspricht unseren Forderungen: DIE LINKE will Hartz IV nicht zuletzt durch den Ausbau vorgelagerter Sicherungssysteme überwinden.„
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt die jüngsten Forderungen von Bundesbauminister Tiefensee zur Erhöhung des Wohngeldes.
„Angesichts der Miet- und Einkommensentwicklung ist eine Erhöhung des Wohngeldes überfällig. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der drastisch gestiegenen Heizkosten. Bund und Länder müssen handeln„, sagte der Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg heute inBerlin.
Seit der bisher letzten Anpassung zum 1. Januar 2001 sind die Kaltmieten um 6,3 Prozent, die kalten Betriebskosten um 10,1 Prozent und die Heizkosten um 38,1 Prozent gestiegen. Damit das Wohngeld auch
weiterhin wirksam zu einem angemessenen und familiengerechten Wohnen beitragen kann, muss der Kostenanstieg durch verbesserte Wohngeldleistungen aufgefangen werden.
Die Erhöhung des Wohngeldes muss so gestaltet werden, dass insbesondere Erwerbstätige mit niedrigem Einkommen nicht mehr als so genannte Aufstocker in den Sozialbezug des SGB II fallen. 274.000 Haushalte erhalten nach dem SGB II ausschließlich Unterkunftskosten und keine finanzielle Unterstützung wegen Arbeitslosigkeit. „Die Wohngeldreform sollte daher auch dazu genutzt werden, diese Haushalte wieder aus dem Hilfssystem für Arbeitssuchende herauszuholen und mit angemessenen Wohngeldleistungen zu unterstützen„, sagte Landsberg.