Zwingt Deutschland Österreich und Ungarn Gentechnik-Anbau auf?

Berlin (ots) – Die Stimme Deutschlands im Umweltministerrat der Europäischen Union wird am kommenden Montag entscheiden, ob die EU Kommission Ungarn und Österreich zwingen kann, ihre Anbau-Verbote für
den Gentechnikmais „Mon810“ aufzuheben.Stopp Gentechnik

40 Umwelt – und Agrarverbände hatten an Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, Umweltminister Sigmar Gabriel und Forschungsministerin Annette Schavan appelliert, die Entscheidung der Nachbarstaaten zu respektieren. Nachdem sie darauf nicht reagierten, beteiligten sich an einem öffentlichen Appell seit gestern bereits über 10.000 Bürgerinnen und Bürger.

Nach dem Entscheidungsverfahren der EU gilt der Vorschlag der Kommission als angenommen, wenn der Ministerrat ihn nicht mit Zweidrittelmehrheit ablehnt. Mindestens 20 der 27 Mitgliedstaaten werden mit 241 von insgesamt 345 Stimmen gegen die Kommission stimmen (1). Die Zweidrittelmehrheit liegt bei 255 Stimmen. Deutschland hat 29 Stimmen. Drei Staaten wollen für die Kommission stimmen (40), drei (35) sich enthalten.

Frau Aigner und Herr Gabriel haben sich in den letzten Tagen für ein Anbauverbot auch in Deutschland ausgesprochen„, sagte Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft „Wie können sie dann gleichzeitig die Verbote in Österreich und Ungarn kippen?

Die Bundeskanzlerin und Frau Schavan sollten sich fragen, ob demokratisch nicht legitimierte Zwangsmaßnahmen gegen die Mehrheit der Regierungen und der Bevölkerung der EU, die geeignete Methode
sind, die Gentechnik auf Europas Äckern durchzusetzen
„, sagte Haerlin.

(1) Die Lage stellt sich nach unseren Informationen folgendermassen dar:
GEGEN die Aufhebung Verbote: Österreich, Bulgarien, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxembourg, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slovakei, Slovenien, Spanien
DAFÜR: Finnland, Grossbritannien, Estland,
ENTHALTUNGEN: Belgien, Niederlande, Schweden
UNKLAR: Deutschland

Versuche der EU-Kommission, die Verbote in Österreich und Ungarn außer Kraft zu setzen, sind bereits 2006 und 2007 an einer Zweidrittel-Mehrheit im Rat gescheitert.

Hintergründe und der Appell an die Minister:
www.keine-gentechnik.de

Irreführung: „ohne Gentechnik“ darf mit Gentechnik sein

Cottbus (ots) – Auch wenn das Lob durch Verbraucherschützer und Umweltverbände für die Einigung zum Gentechnikgesetz gestern aus berufenem Munde kam – mit dem Kompromiss wird es für die Konsumenten in den Supermärkten, beim Fleischer und beim Bäcker nicht wirklich leichter. Zum einen werden Abstandsflächen zwischen gentechnikfreien und gentechnisch veränderten Feldern vorgegeben, die für die Realität nicht taugen. Wer glaubt denn schon, dass 150 beziehungsweise 300 Meter hinreichend sind, um die Natur daran zu hindern, Pollen und Pflanzensamen zu verbreiten. Frankreich hat genau wegen dieser Risiken gerade den Anbau von Genmais untersagt. Eine Regierungskommission kam dort zu dem Schluss, dass genveränderte Pflanzensamen „über Dutzende, sogar Hunderte Kilometer“ verteilt werden können. Verhalten sich gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland anders als in Frankreich?

Noch ärgerlicher für den Verbraucher ist jedoch die geplanteKennzeichnung „ohne Gentechnik“. Denn „ohne Gentechnik“ heißt nicht etwa frei von gentechnisch veränderten Zusatzstoffen in der Tierzucht. So sind etwa Vitamine, Enzyme und Medikamente erlaubt. Zusätzlich lässt die Bezeichnung „ohne Gentechnik“ Verunreinigungen von bis zu 0,9 Prozent zu, die etwa durch angrenzende Anbauflächen
von Genpflanzen stammen können. Dass diese Verunreinigungen vor allem über Sojaprodukte längst auch den Weg bis in die Babynahrung geschafft haben, hat die Zeitschrift „Ökotest“ schon im September
vergangenen Jahres bewiesen. Was hindert die Große Koalition daran, gentechnikfreie Produkte auch mit einer entsprechenden Bezeichnung zuschützen?
Verbraucher, die bewusst auf gentechnisch behandelte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln verzichten wollen, werden durch den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf in die Irre geführt. Und Bio-Bauern, die es ernst
meinen, werden benachteiligt.